Aufzeichnung

Sinn im Leben – Eine philosophische Spurensuche (nicht nur) mit Kindern

Was bedeutet „Sinn“ eigentlich?
Diese Frage stellen sich nicht nur Erwachsene in existenziellen Lebensphasen – auch Kinder kommen früh auf den Gedanken: „Warum sind wir hier?“. In einem inspirierenden Webinar begibt sich die Philosophin Cornelia Moslechner-Brüll auf eine tiefgründige Reise zur Sinnfrage – mit einem besonderen Fokus auf Kinder, Freiheit und der Bedeutung konkreter, lebendiger Erfahrungen.

Was Sie als Lehrkraft im Video erfahren können:

✅ Verständnis & Haltung: Sie bekommen ein starkes Bewusstsein dafür, wie früh und existenziell Kinder die Sinnfrage stellen – und dass diese Fragen ernst genommen werden sollten.
✅ Sprachliche Werkzeuge: Begriffe wie „Sinn des Lebens“ vs. „Sinn im Leben“, oder Ideen wie Sehnsucht, Freiheit, Resonanz – all das hilft, kindliche Fragen einzuordnen und zu begleiten.
✅ Philosophischer Tiefgang für Erwachsene: Die Lehrkraft selbst wird angeregt, über ihren eigenen Sinn nachzudenken. Und das ist die beste Voraussetzung, um auch mit Kindern offen und auf Augenhöhe zu sprechen.

Philosophieren mit Kindern: Mehr als kindliche Neugier

Kinder stellen erstaunlich früh die ganz großen Fragen – nicht selten mitten in der Nacht: „Mama, warum leben wir?“ Diese frühe Sinnsuche verdient Raum, Ernsthaftigkeit und ein philosophisches Gegenüber. Denn Sinn, so zeigt sich, ist kein rein theoretisches Konstrukt – er ist tief mit unserem Menschsein verbunden.

Zwei Dimensionen von „Sinn“: Zweck vs. Bedeutung

Im Deutschen trägt der Begriff „Sinn“ zwei wesentliche Bedeutungen:

  1. Telos – der Zweck eines Tuns oder Daseins.
    Wozu bin ich da? Was ist mein Ziel?
  2. Verstehen – der Zusammenhang, der Dinge bedeutungsvoll macht.
    Wie kann ich das, was geschieht, begreifen?

Diese doppelte Lesart bringt Tiefe – und Komplexität. Denn sie zeigt: Der Sinn des Lebens kann sich sowohl auf ein übergeordnetes Ziel als auch auf eine individuelle Deutung beziehen.

Sinn des Lebens vs. Sinn im Leben

Der amerikanische Philosoph Thomas Nagel schlägt eine hilfreiche Unterscheidung vor:

  • Sinn des Lebens:
    Eine metaphysische oder religiöse Vorstellung von einem höheren, vorgegebenen Sinn.
    → Oft unbeantwortbar, verlangt den „Gottesblick“.
  • Sinn im Leben:
    Alltag, Beziehungen, Projekte – das, was wir schaffen.
    → Konkreter, greifbarer und subjektiv gestaltbar.

Warum streben Menschen überhaupt nach Sinn?

Der Existenzpsychologe Viktor Frankl erkannte:
Gerade in Extremsituationen – etwa im Konzentrationslager – wird die Frage nach dem Sinn überlebenswichtig.
Wer einen Sinn im Leiden findet, hat eine größere Kraft weiterzumachen.
Auch Heidegger erklärt: Der Mensch ist das einzige Wesen, das sich seiner Endlichkeit bewusst ist – und deshalb seine Existenz reflektieren muss.

Der Schlüssel zur Sinnstiftung: Freiheit
Die Philosophin Jeanne Hersch betont: „Nur freie Wesen können Sinn schöpfen.“
Sinn ist nicht objektiv vorhanden – er entsteht aus dem Handeln, dem Deuten, dem Verarbeiten. Fehlt uns Freiheit – etwa durch äußere Zwänge oder innere Leere – entsteht oft eine Sinnkrise.

Ikigai: Die japanische Antwort auf die Sinnfrage

Ikigai – das „Wofür es sich lohnt, morgens aufzustehen“ – ist eine jahrhundertealte japanische Philosophie. Anders als im Westen oft dargestellt, geht es nicht um Leistung oder Marktwert, sondern um fünf einfache Prinzipien:

  1. Klein anfangen – Achtsamkeit im Alltag.
  2. Sich selbst akzeptieren – Perfektionismus ablegen.
  3. Harmonie und Nachhaltigkeit leben – mit Natur & Gemeinschaft.
  4. Freude am Alltäglichen entdecken – Wertschätzung für das Jetzt.
  5. Ganz im Moment sein – Präsenz als Quelle von Freiheit und Sinn.

Gedankenexperiment: Würdest du dich an eine Glücksmaschine anschließen?

Eine Maschine, die dir nur Glück, Erfolg und Liebe simuliert – würdest du dich anschließen?
Die meisten verneinen. Warum?
Weil Wirklichkeit, Eigenverantwortung und Echtheit essenziell sind für sinnvolles Leben. Ohne Schatten keine Tiefe. Ohne Tun kein echtes Erleben.

Was macht Arbeit oder Bildung sinnstiftend?
  • Selbstverwirklichung
  • Kreativität & Autonomie
  • Verantwortung
  • Resonanz & Flow
  • Verbindung zu etwas Größerem

Diese Prinzipien lassen sich auf alle Lebensbereiche übertragen – auch auf Schule und Bildung. Kinder spüren Sinn, wenn sie gestalten dürfen, wenn ihre Fragen ernst genommen werden und wenn sie Resonanz erfahren.

Fazit: Sinn ist eine lebendige Aufgabe

Die Sinnfrage begleitet uns – manchmal laut, manchmal leise.
Wirklich weiter kommen wir, wenn wir sie ins Konkrete holen:
Nicht Was ist der Sinn des Lebens?, sondern:
Was gibt meinem Leben heute Sinn?
Vielleicht ist es ein Gespräch mit einem Kind.
Ein Kaffee, von Hand gemahlen.
Ein Moment in der Natur.

 

 

 

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Dr. Cornelia Mooslechner-Brüll
Ihre Referentin

Dr. Cornelia Mooslechner-Brüll

Dr. Cornelia Mooslechner-Brüll ist akademisch philosophische Praktikerin, Politikwissenschaftlerin und Lehrbeauftragte an der Universität Wien, der... weiterlesen

Dr. Cornelia Mooslechner-Brüll ist akademisch philosophische Praktikerin, Politikwissenschaftlerin und Lehrbeauftragte an der Universität Wien, der Universität für Musik und darstellende Kunst und der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik.

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